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25.11.2024

Tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügung zur Bekämpfung der HPAI - Geflügelpest

Zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel ordne ich Folgendes an:

  1. Unternehmer mit 5.000 oder mehr Haltungsplätzen für Geflügel (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse) im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte haben Ihr Geflügel bis auf Weiteres
    1. in geschlossenen Ställen oder
    2. unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung bestehen und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung versehen sein muss (Schutzvorrichtung),
      zu halten.
  2. Die sofortige Vollziehung der Maßnahme nach Nummer 1 wird angeordnet.
  3. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft und gilt bis zu ihrer Aufhebung.

Begründung:
Die Zuständigkeit für den Erlass dieser Tierseuchenallgemeinverfügung ergibt sich aus § 1 Abs. 4 des Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz, nach dem die Durchführung der Vorschriften des Tiergesundheitsgesetzes und der auf Grund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen den Landkreisen und kreisfreien Städten als Kreisordnungsbehörde obliegt.

Der Erreger der Geflügelpest, ein hochpathogenes aviäres Influenzavirus, ist unter natürlichen Bedingungen auf Hausgeflügel und Wildvögel übertragbar und kann eine hohe Krankheits- und Sterblichkeitsrate nach sich ziehen. Influenzaviren sind auch auf andere
Tiere und auf den Menschen übertragbar. Es ist daher dringend erforderlich, alle nur möglichen Maßnahmen zu treffen, die die Gefahr einer Einschleppung und Weiterverbreitung des Erregers vermindern können.

Zu Nr. 1:
Diese Verfügung basiert auf Artikel 70 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 d) der Verordnung (EU) 2016/429 sowie § 13 Abs. 1 Geflügelpest-Verordnung und einer Risikobewertung nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 Geflügelpest-Verordnung.

Gemäß Artikel 70 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 d) der Verordnung (EU) 2016/429 ergreift die zuständige Behörde bei Verdacht des Auftretens von u. a. hoch pathogener Aviärer Influenza (Geflügelpest- AI) bei Wildvögeln die erforderlichen Seuchenpräventions- und -bekämpfungsmaßnehmen, um eine Ausbreitung des Virus auf gehaltene Vögel und Geflügel zu verhindern.

Als eine Seuchenpräventionsmaßnahme ist gemäß Art. 55 Abs. 1 d) der Verordnung (EU) 2016/429 die Isolierung von gehaltenen Tieren der für die Geflügelpest empfänglichen Arten anzuordnen, wenn dadurch der Kontakt zwischen Wildvögeln und gehaltenen Vögeln und Geflügel und damit eine Ausbreitung in den Haustierbestand vermieden wird.

Als einzig wirksame „Isolierungsmaßnahme“ im Sinne des. Art. 55 Abs. 1 d) der Verordnung (EU) 2016/429 ist die Anordnung der Aufstallung von gehaltenen Vögeln und Geflügel gemäß § 13 Abs. 1 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) anzusehen. § 13 Abs. 1 Geflügelpestverordnung konkretisiert dahingehend die Seuchenpräventionsmaßnahme „Isolierung“ mit dem Ziel, Kontakt von Wildvögeln zu gehaltenen Vögeln und Geflügel zu verhindern.

Grundlage zur Anordnung der Aufstallung gem. § 13 Abs. 1 Geflügelpestverordnung ist die Durchführung einer Risikobeurteilung, in der u. a. die örtlichen Gegebenheiten, das sonstige Vorkommen oder Verhalten von Wildvögeln, die Geflügeldichte, der Verdacht oder Ausbruch auf Geflügelpest im eigenen oder angrenzenden Kreis, weitere Tatsachen zur Abschätzung der Gefährdungslage sowie die Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts berücksichtigt werden sollen.

Das FLI hat seine Risikobewertung der Seuchenlage entsprechend am 08.11.2024 angepasst. Demnach wird das Risiko von HPAIV H5-Einträgen in deutsche Geflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln als hoch eingestuft. Das „Bird Flu Radar“ (EFSA) zeigt seit Anfang November in Nord- und Mitteldeutschland ebenfalls ein erhöhtes Eintragsrisiko für HPAIV H5 an.

Geflügelhaltungen mit 5.000 und mehr Haltungsplätzen sind im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte gewerblich betriebene Großbestände, bei denen der Eintrag des Geflügelpestvirus in den Bestand mit erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden ist. Da die gewerblichen Geflügelhaltungen zudem in Gebieten mit einer hohen Geflügeldichte liegen, besteht hier ein erhöhtes Risiko der Übertragung des Geflügelpestvirus. Von den Betreibern mehrerer Anlagen wurde in den letzten Wochen zudem von einem hohen Aufkommen an Wildvögeln in der Nähe der Anlagen auf den umliegenden Feldern bzw. in der unmittelbaren Nähe liegenden Kleingewässern berichtet, da sich die Wildvögel dort zur Nahrungssuche einfinden.

Daher stellt sich die vorübergehende Stallpflicht für Betriebe mit 5.000 oder mehr gehaltenem Geflügel im gesamten Gebiet des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte als verhältnismäßig dar. Sie ist dazu geeignet, den Kontakt zwischen Wildvögeln auf der einen und gehaltenem Geflügel auf der anderen Seite zu unterbinden. Zugleich stellt sie sich auch als erforderlich dar, da es kein anderes, gleichermaßen geeignetes Mittel gibt, welches den Einzelnen oder die Allgemeinheit in geringfügigerem Maße beeinträchtigt, sodass die Anordnung der Stallpflicht in ihrer konkreten Form auch angemessen ist.

Zu Nr. 2:
Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung wurde die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet. Eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung hätte in diesem Fall keine aufschiebende Wirkung. Ein besonderes öffentliches Interesse ist hier gegeben, weil durch die Einschleppung und Ausbreitung der Aviären Influenza unter anderem eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit wie auch für die wirtschaftlichen Interessen der Geflügelhalter bestünde und diese deshalb sofort zu unterbinden war.

Der Schutz der genannten Rechtsgüter erfordert ein Zurückstehen der Individualinteressen etwaiger Geflügelhalter am Eintritt der aufschiebenden Wirkung infolge eines eingelegten Rechtsbehelfs. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der in Nr. 1 geregelten umgehenden Bekämpfungsmaßnahmen zum Schutz gegen eine Weiterverbreitung der Seuche überwiegt somit gegenüber dem Aussetzungsinteresse.

Zu Nr. 3:
Auf Grundlage der §§ 41 Abs. 4 Satz 4 und 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz M-V kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit des Inkrafttretens einer Allgemeinverfügung der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden.

Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Landkreis Mecklenburgische Seenplatte - Der Landrat - Platanenstraße 43 in 17033 Neubrandenburg einzulegen.
Der Widerspruch kann innerhalb der genannten Frist auch bei allen Regionalstandorten eingelegt werden.

Wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid keine aufschiebende Wirkung. 

gez. 
Dr. Guntram Wagner
Amtsleiter
Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt