Der Landkreis ist als Träger öffentlicher Belange in eine Vielzahl von Planungen baulicher Maßnahmen Dritter involviert, da er für viele Belange, die bei diesen Planungen zu beachten sind, die zuständige Fachbehörde ist (z.B. untere Naturschutzbehörde, untere Denkmalbehörde, untere Wasserbehörde, untere Abfallbehörde, Straßenverkehrsbehörde). Der Landkreis wird von den Trägern dieser Planung zu neuen Vorhaben zur Stellungnahme aufgefordert. Anhand der eingereichten Unterlagen des Fachplanungsträgers führt das Sachgebiet Kreisplanung eine sog. Beteiligung innerhalb der Kreisverwaltung durch. D.h. die verschiedenen Fachämter der Kreisverwaltung erhalten die Unterlagen zu dem jeweiligen Vorhaben mit der Bitte um Zuarbeit einer Stellungnahme aus ihrer jeweiligen fachlichen und rechtlichen Sicht.
Diese Einzelstellungnahmen werden durch das Sachgebiet Kreisplanung zu einer gebündelten und koordinierten Stellungnahme zusammengefasst. Der Träger des Vorhabens erhält so mit einem Schreiben einen umfassenden Überblick darüber, was er aus Sicht des Landkreises bei seinem Vorhaben rechtlich zu beachten hat, ob etwa Schutztatbestände naturschutzrechtlicher oder denkmalrechtlicher Art zu berücksichtigen sind, oder ob ggf. Gewässer oder bekannte Altlasten durch ein Vorhaben berührt werden, wodurch ggf. zusätzliche Anforderung an die Genehmigung und in der Folge auch an die Durchführung des Vorhabens gestellt werden. Nachfolgend werden beispielhaft einige Bereiche von Fachplanungen beschrieben:
• Planfeststellung z.B. nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG),dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG) oder dem Straßen-Wegegesetz Mecklenburg-Vorpommern (StrWG M-V)
Die Planfeststellung ist ein Genehmigungsverfahren für besonders komplexe und aufwändige Vorhaben, wie bspw. die Ertüchtigung einer Eisenbahnstrecke oder der Bau einer Bundesfernstraße. Sie zeichnet sich durch eine umfassende Konzentrationswirkung aus, d.h. alle für das Vorhaben sonst notwendigen Einzelgenehmigungen nach Fachrecht werden in einer Genehmigung zusammengefasst, dem sog. Planfeststellungsbeschluss. Der Träger der Planung erhält dadurch einen umfassenden Genehmigungsbescheid, der alle berührten Bereiche des öffentlichen Rechts einschließt.
Im Vorfeld des eigentlichen Planfeststellungsverfahrens sammelt der Träger des Vorhabens Informationen über zu beachtende Belange und arbeitet sie entsprechend in seine Planunterlagen ein. Dazu erfolgen im Vorfeld bereits umfangreiche Konsultationen zwischen dem Planungsträger, den Planverfassern und den in ihren Belangen berührten Behörden. Dabei übernimmt das SG Kreisplanung für die Belange des Landkreises teilweise koordinierende Aufgaben.
Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens erfolgt eine Anhörung der sog. "Träger öffentlicher Belange", auch kurz TÖB genannt, zu dem jeweiligen Vorhaben. TÖB sind z.B. die betroffenen Gebietskörperschaften (Gemeinde, Stadt, Landkreis), aber auch Behörden des Landes M-V (z.B. Amt für Raumordnung und Landesplanung, Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt, Forstamt, Bergamt, Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie) oder Behörden des Bundes (z.B. Wasser- und Schifffahrtsamt), soweit sie von dem Vorhaben betroffen sind. Die Planfeststellung schließt die Umweltverträglichkeitsprüfung - soweit aufgrund der Art Vorhabens erforderlich - grundsätzlich mit ein.
Das Sachgebiet Kreisplanung koordiniert die Erarbeitung der zusammengefassten Stellungnahme des Landkreises gegenüber der Anhörungsbehörde und vertritt die Position des Landkreises ggf. gemeinsam mit Vertretern der Fachämter bei dem Erörterungstermin zu dem Vorhaben. Bei dem Erörterungstermin treffen unter Leitung der Anhörungsbehörde (bei Verkehrsprojekten das Landesamt für Straßenbau und Verkehr in Rostock) der Träger des Vorhabens, die Planverfasser (die vom Träger des Vorhabens beauftragten Fachplaner) sowie die von der Planung betroffenen TÖB zusammen und erörtern anhand der vorgelegten Planunterlagen und den im Vorfeld hierzu abgegebenen Stellungnahmen das geplante Vorhaben vorrangig unter rechtlichen Gesichtspunkten. Die Anhörungsbehörde fasst die Ergebnisse des Erörterungstermins in einem Bericht an die vom Gesetz festgelegte Genehmigungsbehörde zusammen (Planfeststellungsbehörde, z. B. bei Eisenbahnprojekten das Eisenbahnbundesamt). Dieser Bericht dient der Planfeststellungsbehörde neben den Planunterlagen und den Stellungnahmen der TÖB als weitere Entscheidungsgrundlage.
• Bergrechtliche Genehmigungen (Zulassung von Rahmen-, Haupt- und Sonderbetriebsplänen nach Bundesberggesetz)
Im Kreisgebiet sind zahlreiche z.T. hochwertige Kieslagerstätten vorhanden, von denen verschiedene auch bereits seit längerem abgebaut werden. Rechtsgrundlage für den Abbau von Bodenschätzen ist das Bundesberggesetz (BBergG) für die im diesem Gesetz genannten Rohstoffe. Die Kieslagerstätten im Kreisgebiet fallen nahezu ohne Ausnahme unter dieses sog. Bergrecht. Um eine Kieslagerstätte abbauen zu dürfen, sind zwei Voraussetzungen zu erfüllen:
- Der Unternehmer benötigt zunächst eine Bergbauberechtigung z.B. in Form einer Bewilligung durch das Bergamt, dem Erwerb eines Bergwerkseigentums (BWE) oder dem Nachweis, dass es sich um einen sog. grundeigenen Bodenschatz handelt.
- Um mit der Gewinnung des Bodenschatzes beginnen zu dürfen, bzw. um einen begonnen Tagebau weiterführen zu dürfen, benötigt der Unternehmer die Zulassung (= Genehmigung) eines entsprechenden Betriebsplanes. Dieser regelt die Art und Weise der Abbautätigkeit und legt fest, wie mit dem Tagebau nach Betriebseinstellung verfahren werden soll, beschreibt also auch die sog. Wiedernutzbarmachung. Bei großen Tagebauen (> 10 ha Fläche) wird zunächst ein sog. Rahmenbetriebsplan eingereicht und zugelassen, auf dem dann sog. Hauptbetriebspläne mit einer Laufzeit von i.d.R. zwei Jahren aufbauen und die geplante Abbautätigkeit im Detail regeln. Für spezielle Einrichtungen des Tagebaus, z.B. gesonderte Spülkippen oder die beabsichtigte Einlagerung von Fremdböden in den Tagebau müssen Sonderbetriebspläne eingereicht und von der Bergbehörde (Bergamt Stralsund) zugelassen werden. Betriebsplanzulassungen können durch die Bergbehörde auf Antrag verlängert werden.
Bergrechtliche Betriebspläne entfalten im Regelfall keine Konzentrationswirkung, d.h. andere für das Abbauvorhaben erforderliche Genehmigungen müssen bei den jeweiligen Fachbehörden eingeholt werden. Bei komplexen Abbauvorhaben, z.B. wenn auch unter dem Grundwasserspiegel Kies gewonnen werden soll und/oder das Abbauvorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, wird der Rahmenbetriebsplan einem Planfeststellungsverfahren unterworfen. Die Planfeststellung des Rahmenbetriebsplanes entfaltet dabei umfassende Konzentrationswirkung, so dass in diesen Fällen weitere Genehmigungen nicht erforderlich sind, da diese im Planfeststellungsbeschluss enthalten sind. Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde ist im bergrechtlichen Verfahren in Mecklenburg-Vorpommern das Bergamt Stralsund.
• Verlegung von Stromkabeln, Gasleitungen, Trink- und Abwasserleitungen, Telekommunikationsleitungen
Diese Vorhaben und Maßnahmen erfordern i.d.R. kein aufwändiges Genehmigungsverfahren, dies vor allem deshalb, weil sie meist kleinräumiger Natur sind. Dennoch muss auch bei diesen Maßnahmen das öffentliche Recht in vollem Umfang beachtet werden. Daher wird der Landkreis auch zu diesen Maßnahmen zur Stellungnahme aufgefordert, i.d.R. von den Trägern des jeweiligen Leitungsnetzes direkt. Das fehlen einer dezidierten Anzeigepflicht darf hier nicht über die Notwendigkeit einer Beteiligung des Landkreises und seiner Fachämter hinwegtäuschen.
Die genannten Maßnahmen oder Teile davon werden vielfach außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile im sog. "Außenbereich" im Sinne des § 35 Baugesetzbuch (BauGB) durchgeführt. Sind dabei Erdarbeiten erforderlich, handelt es sich zumindest um einen Eingriff in Natur und Landschaft, der nach geltendem Naturschutzrecht auszugleichen ist. Das Naturschutzausführungsgesetz M-V sieht hierfür eine zusammengefasste Naturschutzgenehmigung vor. Diese schließt im Einzelfall - neben allen Naturschutzbelangen - auch andere Belange mit ein, wenn diese ebenfalls durch die geplante Maßnahme berührt werden und deren Rechtsgrundlage vorsieht, dass diese Belange in der nach anderem Recht zu erteilenden Genehmigung geltend zu machen sind. Eine eigenständige Genehmigung nach dem entsprechenden Fachrecht ist dann nicht mehr erforderlich. Dies gilt insbesondere für das Wasserrecht und das Denkmalrecht. Die Naturschutzgenehmigung hat somit eine gewisse Konzentrationswirkung, die aber nur einige wenige Rechtsbereiche umfasst.
Anders zu beurteilen sind z.B. Ferngas- und Hochspannungsleitungen, die der Genehmigung nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) unterliegen. Hier kann u.U. ein Planfeststellungsverfahren erforderlich sein, dies insbesondere dann, wenn das Vorhaben der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterliegt. Die UVP erfolgt grundsätzlich als unselbstständiger Teil des jeweiligen Genehmigungsverfahrens.
• Errichtung und Betrieb von emittierenden Anlagen (Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)
Vorhaben, von denen Belästigungen oder Gefährdungen der Umwelt z.B. durch Abgabe von Gerüchen, Luftschadstoffen, Lärm oder Erschütterungen (= Emissionen) ausgehen können, werden ab einer festgelegten Größe nach dem Immissionsschutzrecht genehmigt. Die entsprechenden Schwellenwerte sind in der 4. Verordnung zum BImSchG (4. BImSchV) festgelegt.
Unter das Immissionsschutzrecht fallen z.B.
- emittierende Industrie- und Gewerbeanlagen (z. B. Gießereien),
- emittierende Anlagen der Intensiv-Tierhaltung (Massentierhaltung, z.B. Hähnchen- oder Putenmast, Legehennen-Anlagen),
- Windkraftanlagen,
- Biogasanlagen, Biomethanlagen,
- Anlagen zum Recycling von Bauschutt.
Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren wird geprüft, inwieweit die von der geplanten Anlage voraussichtlich ausgehenden Emissionen einen nachteiligen Einfluss auf ihre Umgebung haben können. Anders formuliert: es wird geprüft, inwieweit die Umgebung der geplanten Anlage vor den auf sie voraussichtlich einwirkenden Immissionen geschützt werden muss. Der Antragsteller muss dazu nachweisen, dass die voraussichtlich durch seine geplante Anlage verursachte Immissionsbelastung der Umgebung der Anlage alle Grenzwerte einhält. Die Genehmigung nach BImSchG hat eine sehr weitgehende, aber keine umfassende Konzentrationswirkung. Unterliegt das Vorhaben gleichzeitig der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), so wird im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auch die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen.
Genehmigungsbehörde für BImSchG-pflichtige Vorhaben ist das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StALU). Einige Belange, die für die Genehmigungsfähigkeit der jeweiligen Anlage von grundsätzlicher Bedeutung sind, werden jedoch durch den Landkreis vertreten. So sind die meisten Vorhaben bauliche Anlagen oder Gebäude, die insoweit unter die Vorschriften der Landesbauordnung M-V fallen, also baugenehmigungspflichtig sind. Einer der wesentlichen Beiträge des Landkreises im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist daher die bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Prüfung des Vorhabens. Ist das Vorhaben bauplanungs- und/oder bauordnungsrechtlich nicht zulässig bzw. nicht genehmigungsfähig, kann auch keine BImSchG-Genehmigung durch das Staatliche Amt erteilt werden.
• Raumordnungsverfahren (ROV)
Das Raumordnungsverfahren ist ein Verfahren, in dem die Raumverträglichkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen geprüft wird. Rechtsgrundlage ist § 15 Raumordnungsgesetz (ROG). Raumbedeutsam ist ein Planung oder Maßnahme dann, wenn durch sie Raum in Anspruch genommen wird oder durch sie die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG).
Zuständige Behörde ist das Amt für Raumordnung und Landesplanung Mecklenburgische Seenplatte in Neubrandenburg.
Ein Raumordnungsverfahren soll für Planungen und Maßnahmen durchgeführt werden, die in der Raumordnungsverordnung (RoV) benannt sind, wenn sie im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben. Gegenstand eines Raumordnungsverfahrens können danach z.B. sein:
- die Errichtung und der Betrieb einer Anlage der Intensivtierhaltung, wenn sie der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt,
- die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur Ablagerung von Abfall (Deponie), wenn sie der Planfeststellung bedarf,
- der Bau einer Bundesfernstraße (Bundesstraße, Bundesautobahn),
- der Neubau und wesentliche Trassenänderung von Schienenstrecken,
- der Bau einer Hochspannungsfreileitung,
- die Errichtung von Feriendörfern und Hotelkomplexen,
- der Betrieb eines Kiestagebaues, wenn der Tagebau der Planfeststellung nach dem BBergG bedarf,
- die Errichtung von Einkaufszentren und großflächigen (Einzel-)Handelsbetrieben,
- touristische Großvorhaben.
In Mecklenburg-Vorpommern obliegt die Entscheidung über die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens der obersten Landesplanungsbehörde im Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung.
Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens werden die raumbedeutsamen Auswirkungen der Planung oder Maßnahme unter überörtlichen Gesichtspunkten geprüft. Insbesondere werden die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung (Ziele, Grundsätze, sonstige Erfordernisse) und die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen geprüft. Konkreter Gegenstand der Prüfung sind die vom Träger der Planung eingereichten Standort- oder Trassenalternativen.
Kommt das ROV zu dem Ergebnis, dass die geprüfte Planung oder Maßnahme grundsätzlich nicht raumverträglich durchgeführt werden kann, ist diese Feststellung der Landesplanungsbehörde ein Versagungsgrund im nachfolgenden Fachgenehmigungsverfahren. Im Regelfall wird das Fachgenehmigungsverfahren dann gar nicht erst aufgenommen oder nicht mehr weitergeführt, da es keine Aussicht auf Erfolg mehr hätte.
Kommt das ROV zu dem Ergebnis, dass die geprüfte Planung oder Maßnahme unter bestimmten Bedingungen und Voraussetzungen raumverträglich durchgeführt werden kann, wird die Entscheidung über die Raumverträglichkeit an sog. Maßgaben geknüpft, die der Planungsträger erfüllen muss, um sein Vorhaben verwirklichen zu können. Diese Maßgaben können z.B. eine Kapazitätsobergrenze definieren, die mit dem Vorhaben nicht überschritten werden darf. Ggf. muss der Träger der Planung sein Projekt aufgrund dessen überarbeiten und an die Maßgaben anpassen.